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35 World Trade Organization (2019): Global Value Chain Development Report 2019 – Technological Innovation, Supply Chain Trade, and Workers in a Globalized World.
36 Piller, F.; Möslein, K. M.; Ihl, C.; Reichwald, R. (2017): Interaktive Wertschöpfung kompakt – Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Über dieses Impulspapier
Die Inhalte des vorliegenden Impulspapiers wurden im aktuellen Hightech-Forum auf der Sitzung am 11. März 2020 beraten und kommentiert. Sie stellen keinen einstimmigen Beschluss des Gremiums dar.
Die in diesem Impulspapier dargelegten Positionen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Bundesregierung wieder.
Dieses Impulspapier wurde von den Mitgliedern des Thementeams „Zukunft der Wertschöpfung“ des Hightech-
Forums, Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, Prof. Dr. Anke Hassel, Prof. Dr. Katharina Hölzle und Frank Riemensperger (Sprecher), erarbeitet mit dem Ziel, die Bundesregierung bei der Umsetzung der Hightech-Strategie 2025 zu beraten.
Ergänzend zu den Beiträgen des Thementeams wurde eine Expertenbefragung durchgeführt. Die Auswahl der Expertinnen und Experten beruht auf Vorschlägen aus dem Thementeam. Die Interviews dauerten durchschnittlich
eine Stunde und wurden im Zeitraum November 2019 bis Januar 2020 durchgeführt.
Danksagung und beteiligte Organisationen
Die Mitglieder des Hightech-Forums bedanken sich bei den folgenden Interviewpartnerinnen und -partnern für Impulse und Anregungen:
- Dr. Tilman Altenburg, Programmleiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik
- Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer, geschäftsführender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO
- Prof. Dr. Irene Bertschek, Leiterin des Forschungsbereichs „Digitale Ökonomie“ am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung; Professorin für Ökonomie der Digitalisierung, Justus-Liebig-Universität Gießen
- Dr. Roland Busch, Stv. Vorstandsvorsitzender, Chief Technology Officer, Siemens AG
- Dr. Florian Butollo, Leiter der Forschungsgruppe „Arbeiten in hochautomatisierten digital-hybriden Prozessen“ am Weizenbaum-Institut; wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe Globalisierung, Arbeit und Produktion, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
- Prof. Dr. Svenja Falk, Managing Director, Accenture Research
- Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft; Professor für Volkswirtschaftslehre, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- Prof. Holger Görg, Direktor des Kiel Centre for Globalization; Professor für Außenwirtschaft, Christian-
Albrechts-Universität zu Kiel
- Prof. Jonathan Haskel, Professor für Wirtschaftswissenschaften, Imperial College Business School
- Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall
- Dr. Mario Holzner, geschäftsführender Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche
- Lilian Matischok, Abteilungsleiterin Business Digital, Bereich Industrial Technology, Robert Bosch GmbH
Über das Hightech-Forum
Die Mitglieder des Hightech-Forums wurden im Jahr 2019 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für den Zeitraum der aktuellen Legislaturperiode berufen. Sie üben ihre Funktion ehrenamtlich neben ihrer beruflichen Funktion aus. Die Geschäftsstelle des Hightech-Forums unterstützt die Vorsitzenden und Mitglieder des Hightech-Forums in ihrer Gremienarbeit und wird finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Geschäftsstelle ist bei der Fraunhofer-Gesellschaft angesiedelt.
Redaktionsschluss
19. März 2020
17. April 2020 10:55 Kommentar von Bayer AG
Deutschlands Wohlstand fußt auf seiner Innovationskraft. Daher ist die Empfehlung des Hightech Forums nach einer integrierten Forschungs-, Innovations- und Industriepolitik ausdrücklich zu begrüßen. Für die effektive Förderung zukunftsreicher Industriesektoren kommt die Verzahnung von Industriepolitik mit der Innovations- und Forschungspolitik unter Berücksichtigung von Schlüsseltechnologien wie den Life Sciences, der Biotechnologie und Künstlichen Intelligenz in den Diskussionen zu kurz. Denn für forschungsintensive Verfahren und Produkte, wie in der Biotechnologie, ist es wichtig, dass sie nicht nur in Deutschland und Europa entwickelt, sondern auch schnell zur Umsetzung und Anwendung gelangen. Andernfalls verlagert sich die Wertschöpfung mittelfristig in andere Regionen der Welt. So gehen Wertschöpfungsketten verloren und müssen im Bedarfsfall wieder mühsam aufgebaut werden. Die Knappheit von Atemschutzmasken und Medikamenten in der aktuellen Covid-19 Krise ist dabei exemplarisch zu nennen.
Die digitale Transformation und die Veränderung des produktionsorientierten Wertschöpfungsmodells im Kontext der Datenökonomie stehen bei im Fokus der Empfehlungen des Hightech Forums. Darüber hinaus gilt es jedoch, dass die Politik die Weichen stellt um grundsätzlich die Chancen diverser neuen Technologien und innovativen Produkte und Dienstleistungen zu nutzen. Auf diese Weise können Wohlstand und Arbeitsplätze langfristig und diversifiziert in Deutschland gesichert werden.
Ergänzend zur Datenökonomie sei hier beispielshaft die von Politik und Gesellschaft geforderte Transformation der Wirtschaft in eine Bioökonomie genannt. Denn die Technologien der Bioökonomie bieten sektorübergreifend ein enormes wirtschaftliches und ökologisches Potenzial. Zudem leistet die Bioökonomie auch einen wesentlichen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie zur Stärkung von Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz. Die Biotechnologie ist eine der tragenden Säule des Transformationsprozesses in eine biobasierte und nachhaltige Wirtschaft und durchdringt als Schlüsseltechnologie unterschiedlichste Branchen und trägt dort zur Wertschöpfung bei. Beispiele umfassen die Gesundheits- und Energiewirtschaft, die Lebensmittel- und Futtermittelproduktion, die Chemie, die Papierindustrie oder Pflege- und Kosmetikprodukte. Zudem erlaubt der breite Einsatz biotechnologisch basierter Produktionsverfahren, viele Grundstoffe und Konsumgüter qualitativ besser und ressourcenschonender herzustellen.
Die Politik sollte das Ziel verfolgen, Investitionen in Biotechnologie zu verstärken, die gesetzgeberischen Voraussetzungen für neue biotechnologische Verfahren, auch bei Pflanzen als Rohstoffbasis einer Bioökonomie, zu verbessern sowie den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern zu unterstützen. Ergänzend sollte daher auch ein ressortübergreifender BioDialog eingerichtet werden, um Chancen, Risiken und Fragen der Governance mit einem breiten Kreis an Stakeholdern aus Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft zu diskutieren.
6. April 2020 19:19 Kommentar von Jens Neuhüttler / Fraunhofer IAO
Aus meiner Sicht ein wirklich sehr gelungenes Impulspaper zur Zukunft der Wertschöpfung, der die zentralen Fragestellungen adressiert und dazu relevante Impulse liefert. Spannend wird insbesondere sein, wie die Empfehlungen konkret ausgestaltet werden und sich in der Praxis umsetzen lassen.
Für eine weitere Konkretisierung fallen mir folgende Anregungen und Anmerkungen ein:
Kapitel 2: Aufbau und Skalierung digitaler Geschäftsmodelle: Die Diskussion über vorteilhafte Strategien in der „Plattformökonomie“ sollte vor dem Hintergrund der Bedeutung von KMU für die deutsche Wirtschaft geführt werden (z.B. entlang der Fragen, inwieweit sich gemeinsam mit anderen KMU Industrie-relevante Plattformen entwickeln lassen, wie geeignete Partner gefunden werden und wie die Messung und Verteilung von Kooperationserträgen erfolgt).
Kapitel 2: Investitionen in immaterielle Produktionsfaktoren steigern: Aus meiner Sicht sollte hier auch die Frage gestellt werden, wie es gelingen kann, ein Qualitätsimage „Made in Germany“ bzw. „Made in Europe“ auch für immaterielle Leistungen und insbesondere Smart Services zu schaffen. Also wie lassen sich systematisch qualitativ hochwertige datenbasierte Dienstleistungen entwickeln und wie kann diese Qualität gegenüber Wettbewerber verdeutlicht werden. Ob Smart Services akzeptiert werden, hängt m.M.n. im Wesentlichen davon ab, ob der Nutzen (=wahrgenommene Qualität) die wahrgenommenen Risiken (z.B. hinsichtlich Datensicherheit oder einem Kontrollverlust) überwiegen.
Kapitel 3: Investitionen in digitale und physische Infrastruktur steigern: Im Hinblick auf die europäische Daten-Souveränität sollte eine stringente und ganzheitliche Sicht eingenommen werden. Diskutieren wir über einheitliche Standards und eine Datenhaltung innerhalb der EU, muss auch über die Infrastruktur zur Datenübertragung gesprochen werden. Vielleicht helfen die eingangs beschriebene Verschiebung globaler Kräfteverhältnisse und Absatzmärkte dabei, europäische Lösungen voranzutreiben.
Kapitel 4: Co-Creation in der Innovationsentwicklung: Hier stellt sich aus meiner Sicht insbesondere die Frage, wie sich kooperative Geschäftsmodelle frühzeitig aus Unternehmenssicht simulieren, bewerten und mit Alternativen vergleichen lassen. Wie ändert sich zum Beispiel die Vorteilhaftigkeit unter Berücksichtigung von Konjunkturschwankungen, in Zeiten von Krisen etc.
2. April 2020 15:46 Kommentar von Prof. Dr. Dirk Christian Dohse , Leiter des Research Centers "Knowledge Creation and Growth", Kiel Institut für Weltwirtschaft
Dies ist m.E. ein sehr spannender und lesenswerter Beitrag. Die Leitfrage „Wie kann Deutschland eine führende Rolle in den zukünftigen globalen Wertschöpfungsnetzwerken etablieren?“ ist von höchster wirtschaftspolitischer Relevanz, und der Beitrag enthält eine Reihe wichtiger und richtiger Handlungsempfehlungen. Besonders gefallen hat mir der Abschnitt 3 („Die Rolle und Verantwortung des Staates in der Datenökonomie“). Hier heißt es zur Rolle von gesellschaftlichen Leitbildern (Missionen) in der Innovationspolitik: „Eine zukunftsweisende und verantwortungsbewusste Innovationspolitik muss sich an gesellschaftlichen Leitbildern, Zielen und Bedarfe orientieren und technologischen Fortschritt und gesellschaftlichen Mehrwert vereinen … Die Richtung des technologischen und gesellschaftlichen Wandels sollte Gegenstand einer breiten, öffentlichen Diskussion werden.“ Dies erscheint mir sinnvoll und vielversprechend, denn hier dürften offene Gesellschaften wie Deutschland / Europa durchaus Vorteile gegenüber Diktaturen wie China haben.
An einigen Stellen hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Beitrag konkreter wird, und dass klarer umrissen wird, wie denn die Wertschöpfungsketten der Zukunft aussehen könnten. Der Artikel enthält keinerlei Aussagen darüber, wo die Wertschöpfung der Zukunft stattfindet, wie die räumliche Arbeitsteilung aussehen könnte wer die zentralen Akteure sind. Zum anderen bleibt häufig unklar, wer die Adressaten der Handlungsempfehlungen sind. Die Empfehlungen scheinen sich in den meisten Fällen an einen diffusen Pool aus Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft zu richten, ohne dass klar gesagt wird, wer welche Aufgaben übernehmen sollte. Beispielsweise heißt es auf Seite 6: „Für den Wandel von klassischer Zusammenarbeit in Wertschöpfungsketten hin zu Kooperationen in dynamischen Wertschöpfungsverbünden und -netzwerken braucht es eine Kultur der Kooperation, die bereits in der schulischen und universitären Ausbildung gefördert werden sollte.“ Letztendlich sind es aber weder Schulen noch Universitäten noch der Staat insgesamt, sondern gewinnmaximierende multinationale Unternehmen, die internationale Wertschöpfungsverbünde organisieren und die, wenn es ihnen nützt, die „Kultur der Kooperation“ durchaus virtuos beherrschen.
1. April 2020 18:41 Kommentar von Prof. Dr. Sebastian M Pfotenhauer, Technische Universität München / Munich Center for Technology in Society
Das Papier enthält viele wichtige Punkte, die nuanciert erarbeitet wurden und die man genau so unterschreiben kann. Neben vielen Stärken gibt es aus Sicht der Innovationsforschung für mich zwei mögliche Kritikpunkte:
(1) Die Chancen für eine solche Neuausrichtung der Wertschöpfungen sind in Deutschland ungleich verteilt. Initiativen in diese Richtung laufen Gefahr, bestehende Ungleichheiten zwischen den Bundesländern weiter zu verschärfen. Hier bräuchte es Ansätze, die von Vornherein Fragen von Solidarität und Chancengerechtigkeit berücksichtigen, um eine weitere politische Polarisierung in Deutschland zu vermeiden. Das gleiche gilt a fortiori für Europa, wo Deutschland zunehmend als dominant wahrgenommen wird. Regionale Innovationsstärke und inter-regionale Ungleichheit sind zwei Seiten der gleichen Medaille.
(2) Diskussionen über die Zukunft der Wertschöpfung berührt auch die fundamentale Frage, was wir als Gesellschaft eigentlich mit “Wert” meinen und ob das zwangsläufig auf ökonomischen “value” beschränkt sein muss. Die COVID-19 Krise zeigt, dass Wertschöpfung auf unsichtbaren, systemrelevanten Tätigkeiten beruht, die typischerweise nicht im Innovationsdiskurs auftauchen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie (gut) Anliegen von sozialer und Umwelt-Nachhaltigkeit abgebildet sind. Zudem zeigt die Innovationsforschung einen Trend zur Individualisierung der Wertschöpfung, bei denen Firmen Produkte und Services gemeinsam mit einzelnen oder kollektiven Nutzen gemeinsam generieren. Dadurch gibt es weniger kohärente Wertschöpfungs”ketten” im klassischen Sinne an deren Ende der Verbraucher steht, sondern ein Amalgam aus co-creativen Prozessen. All die zeigt, dass es einer Neubewertung des Wert-Konzeptes bedarf, wenn Deutschland mittelfristig wettbewerbsfähig und nachhaltig agieren will.
MfG,
Prof. Dr. Sebastian M. Pfotenhauer
Carl von Linde Assistant Professor of Innovation Research
Munich Center for Technology in Society (MCTS)
TUM School of Management
Technische Universität München
Augustenstr. 46, Room #456
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